Trinken, trinken, trinken
04/08/2001
Trinken sollen wir genug. Vor allem, wenn es heiß ist. Sonst vertrocknen wir wie eine alte Schuhsohle, die irgendwo auf dem Parkstreifen der Autobahn ihren Sommer verbringt. Was die Menge betrifft, die wir an Flüssigkeit täglich zu uns nehmen sollen, gehen die Meinungen wie eine Schere auseinander, allerdings ohne dabei über 90 Grad hinaus zu kommen. Damit meine ich, dass sich der Klatsch auf der Strasse und selbst bei Ärzten stets zwischen zwei und drei Litern täglich bewegt. Endgültige Aussagen zu dem Thema gibt es ebenso wenig wie es insgesamt letzte Wahrheiten gibt. Hauptsache ist eben, dass man selbst seine Wahrheit mit sich herumträgt, und in heißen Sommern wie diesem am besten gleich in Form einer Flasche, in deren Inhalt sich der Geist der Weisheit mit Flüssigkeit fröhlich paart, um dann, wann immer es uns frommt, genüsslich eingesogen werden zu können. In jedem Fall benötigen wir zur heißen Jahreszeit mindestens sagen wir drei Liter Wahrheit am Tag, weil es sonst einfach nicht zu schaffen ist. Man kann sich das ganz physisch und konkret verdeutlichen, indem man sich ins Bewusstsein ruft, dass der Mensch Minimum zu 80 Prozent aus Wasser besteht. Stellt man ihn ohne Nachschub in die Sonne, dann vertrocknet er. Lass ihn so ein paar Tage stehn und er macht gemeinsame Sache mit der Schuhsohle. Rechnen wir nun noch den exorbitanten Kaffeegenuss unseres Volkes in die Thematik hinein, dann ergibt sich das Offensichtliche: Wir müssen sogar noch viel mehr trinken. Denn Kaffee entzieht dem Körper Flüssigkeit. Auch hier hat der Volksmund eine Antwort: Für jede Tasse Kaffee muss man mindestens einen halben Liter Wasser trinken. Das wären dann also sagen wir circa fünf Liter am Tag. Nun können wir uns also vorstellen, wie sehr sich unsere Nieren über die tägliche Spülung freuen werden, aber wir wissen auch, dass wir die Frequenz unserer WC-Besuche erheblich steigern werden. Wir wissen, wie viel Zeit wir damit verbringen werden, uns zu entschuldigen, für die Dinge, die wir tun müssen, weil wir sie tun müssen. Nun, wir sehen ein, wie sehr das Thema Flüssigkeit in unseren Alltag hinein ragt und mit seinen zahlreichen sichtbaren und unsichtbaren Armen stetig und bis ins letzte ausgefeilte Loch hinein nach uns greift. Selbst die feuchte Luft fasst uns im Sommer an, unsere schwitzenden Hemden greifen nach uns, als wollten sie auf unserem Körper Wurzeln schlagen und werden zum Ganzkörpertattoo. Insgesamt tauchen wir ein und unter in Flüssigkeit. Wir verschmelzen zu Zeiten sogar ganz und gar mit den Elementen, wenn wir eintauchen in Schwimmbäder und Meere, wenn wir unseren Leib in unserem Element versenken, wenn wir Eins werden mit den Urtriebkräften des Lebens und stoßen so vielleicht, tauchend im Nass des Sommers und immerfort suchend, auf Quellen, die uns bis dahin verborgen waren. Und wir entdecken, dass uns um fröhlich durch den Sommer zu kommen, vor allem eines Not tut: Nämlich, dass wir uns unseren Durst bewahren. Denn sonst, Gott bewahre, vertrocknet uns am Ende noch das Gehirn und das sieht ja bereits ohnehin verschrumpelt genug aus. Also aufgepasst. Und es steht ja auch geschrieben: Auf dass Ihr nicht so werdet wie die Schuhsohlen…