Band 1 – 1.7 – Irrweg

Irrweg

Heut lauf‘ ich auf der Straße,

Da haut mich jemand an. –

Wie’s einem manchmal gehen kann –

Und fragt und sagt:

Wo wollen -sie denn hin?

Ich glaub‘ ich spinn.

Ich hab‘ gewartet auf eine Klage,

Auf ein Lamento aus Sacramento.

Aber nichts dergleichen,

Kein kleinstes Zeichen in der Lage

Legt der Herr auf meine Waage

Und fragt:

Wo wollen Sie denn hin?

Macht das denn Sinn?

Es kann mir egal sein,

Denn schwupps war ich drin –

In meinen Gedanken.

Und die Breitseite brachte mich –

Was soll ich sagen:

Vollständig ins Schwanken.

Alltäglicher Satz

Von einem Fatz,

Haut mich einfach an,

Macht sich an mich ran

Und fragt mich ruhig und still

Wohin ich denn will.

Ich sag ihm: Ins Kaffeehaus zu René,

Auf einen Wein vielleicht,

Oder auch einen Tee,

Okay?

Damit war er zufrieden und ging

Und ließ mich steh’n, der Widerling.

Ja, Widerling!

Er hat es verdient,

Daß ich ihn so nenne,

Daß ich mich nun aufreg‘

Und nachts nicht mehr penne.

Nun find‘ ich keinen Schlaf mehr

Und träum‘ auch so schwer.

Ich wache nachts auf,

die Haare zerrauft,

Das Kissen zerfleddert,

Und auch sonst bin ich verheddert

Von der tiefen Frage

Dieser Alltagskakerlake.

Denn wo ich hin will

Weiß ich nicht,

Mein Leben scheint ein Strafgericht.

Ich glaub, seit der Mensch fort,

Ausnahmslos zur falschen Zeit,

Ich bin am falschen Ort.

Ich gehe nach Süden

Und wollte nach Norden,

Ich laufe zum Hertie

Und wollte zum Horten.

Ich wollte eine Hose

Und esse dann Braten mit Soße.

Guck‘ dann auf meinen Teller

Und seh‘, der Hund war wieder schneller.

Es kam sogar vor –

Und das ist mir peinlich –

Ansonsten denk ich ja auch nicht so kleinlich –

Es kam vor: ich wollte zum Baden

Und fuhr d’rauf in der Badehose

Mit meinem Auto

In die Irrenanstalt

Und stand mit einer Coladose

Vor den Wahnsinnigen halt.

Halb nackt –

Und jetzt sagen Sie selbst:

Ist das nicht absolut beknackt?

Daß seit sich die Frage im Kopf mir dreht,

Alles nicht mehr wie früher geht?

Dann dacht‘ ich:

Ich überliste mich

Und fragt‘ mich, statt wohin ich denn will,

Woher ich mal kam,

Doch im gleichen Stil.

Doch nun ging’s nur noch ärger,

Ich befand mich immer noch

Im gleichen Loch,

In demselben Kerker.

Ja, zum Henker nochmal,

Der Stand war fatal

Verkrampft rang ich nach einer Solution,

Nach einem klugen Schluß,

Nach einem rettenden Kuß

Zur Befreiung aus meiner Situation.

Und schwupps, dacht‘ ich an Liebe,

Da war sie auch schon:

Nun bin ich nämlich gar nicht mehr

Zur falschen Zeit am falschen Ort,

Nun bin ich nämlich gar nicht mehr

Ein Zottel und mach‘ Suchermord.

Ab heute ist mein Himmel wieder blau,

Denn wo ich hingeh‘ –

Und das weiß ich nun –

Interessiert keine Sau.

D’rum ging ich von mir selber fort

Und fühle nun an jedem Ort:

Ich bin am rechten Platz.

Und alles, was mich anfliegt,

Erscheint mir wie ein Schatz.

Endlich bin ich richtig froh,

Und das geht jetzt schon eine ganze Weile,

Ohne Eile so.

Die Welt umarmt mich,

Weil ich sie losgelassen,

Und ich kann jetzt alles –

Ganz außer mir –

Anfassen.

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