Band 1 – 2.5. – Glaubensstörung

Glaubensstörung

–        „Nun? was kommen Sie mir schräg,

Mitten hier auf meinem Weg?“

–        „Nur weil Sie nicht gerade laufen,

Und mir in die Quere schnaufen,

Glauben Sie wohl, ich lieg‘ schief?

Obwohl ich in der Graden lief.“

–        „Mit Ihnen streit‘ ich nicht,

Fahr’n Sie doch zur Hölle.“

–        „Was? Jetzt gleich, so auf die Schnelle?

Hier, sofort und auf der Stelle?“

–        „Der Oberteufel wartet schon,

Gierig frech auf seinem Thron.“

–        „Aber ehrlich, Sie sind ja gemeingefährlich,

Wünschen mir die Hölle an den Hals.“

–        „Besser als…..“

–        „Was?“

–        „In den Himmel.“

–        „Jetzt nenn‘ ich Sie Oberlümmel.

Haben Sie denn keinen Glauben.“

–        „Nein.“

–        „Das ist ja kaum zu glauben.

Aber etwas muß es da doch geben,

Um die schwere Leere aufzuheben.

In Ihnen muß es dunkel sein,

Nachts nicht mal ein Engelein,

Das Ihnen um die Stirne streift

Mit weißem Kleid und Silberreif.

Nichts, was Sie so recht beschützt,

In der Not mit unterstützt.

Und in schweren Lebenslagen

Müssen Sie sich stets beklagen.

Ihnen fehlt als Ihr Berater,

Einwandfrei der heil’ge Vater.“

–        „Gehen Sie mir aus dem Weg.

Sie laufen ja schon wieder schräg.“

–        „Frech sind Sie,

Und ich will doch nur helfen.“

–        „Ach, Sie wollen gar nicht helfen,

Sie wollen mich nur bekehren

Und das würde alles nur erschweren.

Ohne geht es aber leichter,

Ja, da schwebt man – wie die Geister.“

–        „Sie haben einfach keinen Glauben.“

–        „Falsch, Sie wollen ihn mir rauben.

Sie sind gierig auf Bekehrung,

Und im Eifer der Belehrung

Seh’n Sie nicht ihre Beschwerung,

Laufen stets mit einer Krücke,

Und hoffen dann in der Verkehrung,

Daß ihr Leben dennoch glücke.

Sie sind mir schon ein armer Tropf

Aber dennoch los, Glückauf,

Denken Sie an ihren Schopf:

Ziehen Sie sich selbst hinauf.“

–        „Jetzt reden Sie ja fast mit mir,

Wie vorher ich mit Ihnen.

Ich fühl‘ mich plötzlich ganz verstanden.“

–        „Das kommt, wenn einer losgelöst von Banden

Den andern auf das Zähnchen fühlt.“

–        „Sind Sie ein Gott?

Kennen Sie meine Schanden?“

–        „Ich kenne Ihre innersten Gedanken.“

–        „Wer sind Sie denn?

Um Himmels willen, öffnen Sie die Schranken.“

–        „Ich bin der kurze Tag und Sie ein langer Glaube.

Doch eines unterscheidet uns:

An ihrem Kopf,

Wenn ich recht glaube,

Fehlt eine Schraube.

Ich wünsche Ihnen einen kurzen Tag.“

–        „Wie er das wohl nur meinen mag?“

–        „Wie dem auch sei,

Wir geh’n jetzt beide unser’n Weg,

Sie immer schön grad‘

Und ich dafür ein wenig schräg.“

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