Zärtlichkeit oder eine mittägliche Narrenphantasie (für C.)
Mir entstand eine Zärtlichkeit plötzlich im Kopf
Und nun steh ich allein, schau im Spiegel den Schopf,
Schau mir ins Gesicht und kann sie nicht finden,
Seh nur erste Falten auf Poren sich winden.
Ich seh meine Augen, ich seh meinen Blick,
Doch die Neigung zu Dir hin, die seh ich kein Stück.
Ich würde Dich gern den Gedanken entwinden,
Dich aus meinem Kopf ziehn und nirgends mehr finden
Dann wärst Du für immer aus und vorbei
Wärst nicht mehr vorhanden und einerlei.
Doch wie ich Dich nehme und aus mir verteile
Geschieht etwas Fremdes, das sticht mich wie Pfeile.
Ich nahm Dich heraus also aus meinem Schädel
So glaubte ich rette ich mich schließlich edel,
Ich bin aus dem Schneider und werd wieder froh
Lebe fortan heiter und freue mich so.
Nun aber, da ich um mich schaue,
Da find ich Dich wieder nun auf jeder Aue.
In allem und jedem, da ist Dein Gesicht.
Ich sehe Dich selbst, schau ich nichts als nur Licht.
Ich blick in die Sonne und seh Deine Augen
Und lieg auf der Wiese und kann es nicht glauben
Bald küß ich die Erde und wühle im Staub,
Weil ich doch wie verhext bin und ständig nur glaub,
Daß selbst in den Tönen, den Vögeln im Singen
Immerzu Dein Klang, Deine Stimme im Schwingen
Deine Gegenwart ist, die meinen Tag mir so füllt
Und mich immerzu zögerlich schleierhaft fühlt.
Du bist, meine Zärtlichkeit, unsichtbar,
Und zieh ich Dich fort wirst Du wunderbar
In allem bist Du mir und find ich Dich wieder
Zieh ich Dich aus dem Kopf
Riecht Dein Haar aus dem Flieder,
Duftet die Rose und öffnet die Tulpe
Ihren Kelch wie ein Kleid und streichelt die Wunde.
Hätt ich nie Dich gesehen,
Dann wärst Du kein Bild,
Kein Leben, und niemand wär, der mir was gilt.
Dann wäre ich frei und könnt tun was ich wollte,
Weil niemand sich meine Gedanken mir holte,
Dann könnte ich wählen und hätte gewählt
Und mir was Leichteres sicher bestellt.
Ich hätt es genannt, gewünscht und geordert
Und als fertiges Päckchen mir angefordert.
Einen Schmetterling hätt ich mir sicher bestellt,
Eine klare Luft, eine helle Welt,
Und ich würd meine Zärtlichkeit allen verschenken,
In allem zerfließen, in alles mich denken,
Ich würde mein Herz auf der Straße verteilen,
Unter Schatten das Leben im Licht ereilen,
Ich wäre ein Zaubrer für alle und jeden,
Ein König und Kaiser, ein Waiser, das Leben.
Doch Du machst den Narren,
Du machst mir mein Spiel,
Das ist nicht viel schlechter,
Doch nicht was ich will.
Du bist, meine Zärtlichkeit,
Nun einmal da,
Und hast ein Gesicht und bist wunderbar,
Ich schaue Dich an und schau durch Deine Augen
Und schau in den Spiegel
Und würde gern glauben,
Daß aus diesem Spiegel
Mein Gesicht mir verschwindet
Und stattdessen sich Deines mir daraus entwindet.
Doch schau ich nur lange genug in die Augen,
Dann seh ich mich nicht mehr
Und will´s beinah glauben,
Daß Du dort bist wo ich nun jetzt grade bin
Daß Du atmest, wo meine Hände mir sind,
Daß die Haut, Dein Kleid, das am besten gefällt,
Als Wolke sanft auf mich niederfällt,
Daß Deine Lippen mich zärtlich umfassen,
Umarmen und dann nimmermehr lassen.
So dachte ich grade, so dacht ich an Dich
Und es war ja ein Wunsch Dir auch,
Daß ein Gedicht, Dich berührt,
Denn es es stimmt ja,
Ich kann Dich nicht fassen,
Und berühre Dich doch
Und kann es nicht lassen.