Band 2 – 3.7 – Dem Tod voraus

Dem Tod voraus

Heut‘ bin ich bei mir selber

Und will es denn auch bleiben,

Ich nehm‘ mich auseinander

Und schneide mich in Scheiben.

Das ist mein Resultat,

Muß ich mich selber an mir reiben:

Ich drechsle mich und wechsle mich

Und schwimm‘ im Wasser wie ein Fisch.

Was ich tue und auch sag‘

Ist wie ein Ohrwurm, jeden Tag

Und dreht sich dann im eig’nen Schweiß

Ganz wie der Saft im Himbeereis

Stets rundherum im eig’nen Kreis.

So suche ich in mir nach Lügen,

Nach sich versteh’n und selbst betrügen,

Nach einer Fährte, der ich folge,

Nach einer weichen Wattewolke,

Nach Heim, daheim und bin schon dort,

An meinem eig’nen selbsten Ort.

Ich forsch‘, doch wo ich selbst schon bin

Paßt ja nichts anderes mehr hin.

Drum, ach so schwierig auch der Sinn:

Wo komm‘ ich her, wo geh ich hin?

Wie lange ich schon hier?

Und auch wie bis wann ich noch da bin?

Ab wann zerfällt mein Fleisch

Wieder in Staub, als Fischfutter

In einen Teich?

Fressen mich gar die Hühner

Und nehmen mich aufs Korn?

Oder tret‘ ich von der Bühne,

So wie ein Narr, mit einer Kapp‘

Und auf der Stirne einem Horn?

Früher oder später werd ich’s wissen,

Dann werd‘ ich mich auf dieser Welt

Am Ende selbst vermissen.

Und zu Schluß vielleicht

Mit einem schlechten Gewissen

Mich missen.

Drum ist’s von essentieller Macht

Wie ich den heut’gen Tag verbracht,

Wie ich die Zeit, die mir hier zugedacht

Am Ende mit mir selber zugebracht;

Ist’s wichtig, daß ich Spaß gehabt,

Daß ich gelebt hab‘ und nicht schlapp

In einem Winkel mit mir selber überhing,

So wie ein langweiliges Ding,

Befangen nicht, und daß ich sing‘

Wo’s mir grad paßt,

Und daß ich schwing‘-

So wie ein Ballkleid

Muß ich blühen

In bunten  Farben

Mich bemühen,

Darf nicht darben

Wie ein Reh,

Daß ich nicht weidwund

Auf der kalten Wiese steh‘

Und nichts mehr ach,

als graue Gräser seh.

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