Band 2 – 1.5 – Es liegt was in der Luft

Es liegt was in der Luft

Den Tag heut wollt‘ ich nicht erleben.

Er kam so wie ein Sturzflug

Aus der Schrägen

In die Pfeifengerade

Und laut wie eine Sturmparade.

Ein absolutes Unding, dieser Tag.

Kaum bin ich wach,

Da weiß ich schon,

Daß ich’s nicht mag.

Heut sind Formulare auszufüllen,

Wäsche zu waschen

Und ein Zettel zu zerknüllen.

Die Bürokratie

Endet ja nie.

Vielmehr an allen Ecken und auch Enden,

Da lauert sie mir auf,

Nur um mich hin und her zu wenden;

Und niemals wird das enden.

Bürokram ist doch wie die Pest

Und hängt wie Klebstoff an mir fest.

Deshalb nur und destewegen

Kann sich der Mensch nicht mehr bewegen.

Wenn ich Formulare um mich schaare,

Selbst zum Bäcker nicht mehr laufe,

Sondern fahre,

Und dann auf den Kassenzettel schaue,

Daß mich hier auch ja keiner beklaue,

Wenn ich versuch‘, die Steuer zu erklär’n,

Spür‘ ich, wie die Kräfte an mir zehr’n.

Und wenn die nächste Rechnung zu mir flattert,

Fühl‘ ich mich ermattet und ergattert,

Ertappt und geschnappt,

Gefoppt und gefloppt.

Ich wollt‘ gern mein Leben mit Singen verbringen,

Mit einem einzig langen Tanz,

Mit einem langen Rattenschwanz,

Vollstens glücklich und mit Freude

War ich eingestellt aufs Heute.

Doch statt einer Vogelschaar,

Die zwitschert, ist’s ein Formular,

Das mich beehrt und dann belehrt,

Und schließlich vielleicht noch bekehrt.

Was habe ich gelernt:

Der Gehsteig meines Nachbarn ist zu kurz,

Und auf der Straße liegt ein alter Furz.

Auf meiner Straßenseite bitteschön,

Drum schrieb man mir‘, ich bräucht‘ jetzt einen Fön,

Empfahl mir gleich das neueste Modell,

Nicht gerade billig, aber schnell.

Damit, so hört‘ ich noch die Stimme,

Wird die Angelegenheit keine so schlimme,

Damit wär’s ein Furz,

Den Furz über den Berg zu blasen

Und meinen Nachbarn aus den Nasen.

Nun gut, ich tat, weil Ärger nie gut tut,

Was man so nahe hingelgegt,

Daß man d’rüber zu steigen pflegt.

Ich kaufte teuer mir den Fön,

Für einen Furz nur, bitteschön.

Dann blies ich schnell mit einer Drehung

Die Blähung aus ihrer Entstehung.

Um kurz zu sein: Nach eins zwei Runden

War das ganze Ding verschwunden.

Der Fön jedoch war sehr, sehr teuer,

Einen Monat Arbeit wie ein Ungeheuer,

Mindestens, und dann die Steuer.

Außerdem: Wo zuvor der Furz war,

Dort ist jetzt ein Fleck

Und der geht nun nicht mehr weg.

Wieder hab’n die Nachbarn sich beschwert,

Hab’n gesagt, ich wollt sie wohl bescheißen,

Und fangen an, die Straße aufzureißen.

Denn ein Fleck am falschen Fleck

Ist nicht recht und muß gleich weg.

Doch der Fleck ging immer tiefer.

Ein Krater ist jetzt in der Straße,

Sieht aus wie eine Blumenvase

Und blockiert den Verkehr.

Die eine Straßenseite kann schon nicht mehr.

Man hat jetzt eine Ampel hingestellt,

Vor der der Hund vom Nachbarn ständig bellt.

Die Kanalisation flutet nach oben,

Die Straße ist ein Schlammfluß aus Mikroben.

Und all das nur, mir ist’s ja Schnurz,

Wegen einem kleinen Furz,

Und einem kleinen Fleck,

Von dem man sagt, er müsse weg.

Ich halt‘ mich künftig da heraus

Und außerdem wand’re ich aus.

Dieses Land ist voller Spießer,

Voller Sumpf und Lustverdireßer.

Überall gibt’s ein Gesetz,

Für alles, das sich selbst verpetzt.

Wie in einer Teufelsschlange,

Nimmt sich selbst alles in die Zange.

Statt mehr Leben zu entfachen,

Versucht man and’re zu bewachen.

So hält sich alles selbst in Schach

Und bleibt dabei ganz brav und flach.

Mit dem Kopf die Welt zu lenken,

Ist, als würd‘ man gar nicht denken.

Der Verstand wird unvermittelt,

Hier im Land so hoch betitelt.

Er wird gescheitelt und verführt,

Geschmeichelt und auch amüsiert,

Überall, sieht man’s mal echt,

Genießt er das allein’ge Recht.

Nur nachts, so im Gewühle,

So im Wirrwarr uns’rer wirrenden Gefühle,

Liegt im Bett, ganz schräg im Eck,

Ein kleiner, dicker, fetter Fleck.

Das sind die letzten Reste

Uns’rer weißen Weste,

Und von Persil stehts nur das Beste.

Wir waschen alles wieder sauber,

Wir sind die Handwerker und Schrauber,

Aus krumm machen wir wieder grade,

Das ist perfekte Maskerade.

Wir sind die Stüber,

Stauber, Sturzer,

Wir sind die größten Sesselfurzer,

Wir sind langweilig und stumm,

Zum Glück nimmt’s uns hier keiner krumm,

Denn so verbogen wie wir sind,

Merkt’s höchstens noch ein kleines Kind

Und schreit:

Mama, sie kehren den Furz von der Straße.

Kind, paß auf auf deine Nase.

Und ist der Furz erst von der Stelle,

Hat die ganze Welt ’ne Delle.

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