Schwein gehabt
oder
Eine bayerische Lust
Gestern lag ich wie gerädert
Auf der Bank und schwieg fein stumm.
Heute wirk‘ ich abgeledert
Und das Leben scheint mir dumm.
Sogar der Kaffee, und das bedeutet was,
Macht heute keinen rechten Spaß.
Dennoch, ja, ich schreibe was.
Denn in der warmen Wintersonne
Wird das Leben bald zur Wonne;
Man vereinigt sich im Tun,
Alltagszauber afternoon,
Und das schöne deutscher Taten
Ist die Lust am Schweinebraten,
Der zum Abend lauernd wartet,
In fetten Soßen still entartet
Und im Brutzeln und Verdunsten
Fängt man an, wieder zu schmunzeln.
Ein totes Schwein ist einfach fein
Und kann so herzerfrischend sein,
Daß selbst ein schwermütiger Mann
Zum Abend wieder lachen kann.
Das Schwein hat freilich nichts zu lachen,
Denn als Opfer uns’rer Lüste
Spürt man seine Knochen krachen,
Und aus der letzten Schweinezüste
Fließt das Blut am Rand der Wüste
In ein rotes totes Meer,
Kurz: Das ganze Tier läuft leer,
Gibt schließlich auf und kann nicht mehr
Und schrie’s auch kurz zuvor noch sehr.
Das Tier ist nämlich kurzerhand
Vom Menschen ganz total verkannt.
Das Problem des Schweins ist nämlich
Dem des Menschen sehr sehr ähnlich.
Nur ist es umgekehrt verkannt,
Und deshalb auch zum Schwein ernannt.
Als hochintelligentes Tier
Mästen wir’s und füttern wir
Dem Schwein den Ranzen so sehr an,
Bis es kaum noch laufen kann.
Doch vor dem Schlachten wird ihm klar,
Daß alles nur zum Schlimmsten war.
Drum schrie manch Schwein auch wie am Spieß,
Bevor es diese Welt verließ,
Und all dies nur, weil es schon wußte,
Was gescheh’n würde und mußte
Damit die Bayerischen zum Spaten
Wieder Schweinebraten hatten.
Schwein gehabt, rufen sie glücklich
Und raufen sich den Bauch entzücklich.
Das ganze Glück, das End‘ vom Klagen
Liegt eben nur im ruhigen Magen;
Das Leben wird halt richtig satt
Wenn’s schweinisch faul wird, voll und matt
Und wenn man erst sein Fett weg hat.
Drum wird’s noch lange Zeit so sein:
Der Mensch wird fett und’s arme Schwein
Bleibt Opfer seiner Schweinerei’n,
Die nötig sind zum Glücklichsein
Im bürgerlichen Eigenheim.
Am Ende bleibt’s halt doch dabei:
Der Mensch ist eine Schweinerei.