Band 2 – 2.9 – Schwein gehabt oder Eine bayerische Lust

Schwein gehabt

oder

Eine bayerische Lust

Gestern lag ich wie gerädert

Auf der Bank und schwieg fein stumm.

Heute wirk‘ ich abgeledert

Und das Leben scheint mir dumm.

Sogar der Kaffee, und das bedeutet was,

Macht heute keinen rechten Spaß.

Dennoch, ja, ich schreibe was.

Denn in der warmen Wintersonne

Wird das Leben bald zur Wonne;

Man vereinigt sich im Tun,

Alltagszauber afternoon,

Und das schöne deutscher Taten

Ist die Lust am Schweinebraten,

Der zum Abend lauernd wartet,

In fetten Soßen still entartet

Und im Brutzeln und Verdunsten

Fängt man an, wieder zu schmunzeln.

Ein totes Schwein ist einfach fein

Und kann so herzerfrischend sein,

Daß selbst ein schwermütiger Mann

Zum Abend wieder lachen kann.

Das Schwein hat freilich nichts zu lachen,

Denn als Opfer uns’rer Lüste

Spürt man seine Knochen krachen,

Und aus der letzten Schweinezüste

Fließt das Blut am Rand der Wüste

In ein rotes totes Meer,

Kurz: Das ganze Tier läuft leer,

Gibt schließlich auf und kann nicht mehr

Und schrie’s auch kurz zuvor noch sehr.

Das Tier ist nämlich kurzerhand

Vom Menschen ganz total verkannt.

Das Problem des Schweins ist nämlich

Dem des Menschen sehr sehr ähnlich.

Nur ist es umgekehrt verkannt,

Und deshalb auch zum Schwein ernannt.

Als hochintelligentes Tier

Mästen wir’s und füttern wir

Dem Schwein den Ranzen so sehr an,

Bis es kaum noch laufen kann.

Doch vor dem Schlachten wird ihm klar,

Daß alles nur zum Schlimmsten war.

Drum schrie manch Schwein auch wie am Spieß,

Bevor es diese Welt verließ,

Und all dies nur, weil es schon wußte,

Was gescheh’n würde und mußte

Damit die Bayerischen zum Spaten

Wieder Schweinebraten hatten.

Schwein gehabt, rufen sie glücklich

Und raufen sich den Bauch entzücklich.

Das ganze Glück, das End‘ vom Klagen

Liegt eben nur im ruhigen Magen;

Das Leben wird halt richtig satt

Wenn’s schweinisch faul wird, voll und matt

Und wenn man erst sein Fett weg hat.

Drum wird’s noch lange Zeit so sein:

Der Mensch wird fett und’s arme Schwein

Bleibt Opfer seiner Schweinerei’n,

Die nötig sind zum Glücklichsein

Im bürgerlichen Eigenheim.

Am Ende bleibt’s halt doch dabei:

Der Mensch ist eine Schweinerei.

Kommentieren