Liebe, Aspirin und Kaffee
19/10/2001
Diese Welt ist eine gute Welt. Das traut man sich in diesen Tagen ja kaum zu behaupten. Aber stellen wir es doch einfach mal für sich in den Raum, wie einen tanzenden Traum, wie ein Ideengebäude, wie eine Unwirklichkeit, die sich hinübergerettet hat aus den Trümmern einer anderen Welt. Hier, in dieser Rettungsnische, leben wir für einen Augenblick einen Traum. Und wir dachten schon, wir hätten unseren Hals gerettet. Doch damit war es nichts. Eine Infektion hat ihn entzündet, ein Antibiotikum hat ihn wieder gesund gemacht. Und es ist an der Zeit dem Erfinder der Antibiotika einen herzlichen Glühstrumpf um die Füße zu schicken und sei es nur, um Danke zu sagen; aufrichtig und unbekannterweise, im Bogen der Unbildung, die die Allgemeinbildung so erfolgreich umkreist und immerzu umzingelt. Denn es hat keinen Sinn, in diesen schwarzen Tagen die Sonne nicht anzuschauen. Wenn die Frau, die Sie lieb haben in der Küche singt ohne dabei der Konvention der klassischen Hausfrau zu entsprechen, nicht weit von Ihnen das Meer wie eine Melodie der Natur sein Lied dazu spielt und auf der Terrasse Ende Oktober eine kulinarisch aus dem Nichts auf Stöckelschuhen empor gezauberte Symphony auf Ihren Gaumen wartet…was meinen Sie…wie fühlen Sie sich. Zugegeben nur ein Traum. Aber stellen Sie sich all das bitte mal auf einmal vor und lassen Sie es sich auf der Zunge zergehen. Da ist er, der Michelin des Lebens, der Pfad des Glücks. Und alles was wir zu tun haben ist, unsere Sinne darauf zu setzen, um in der Unwirklichkeit unter sicherer Führung unseren Weg zu machen. Das ist die Achterbahn der Sinne, die sich im Looping fortbewegt, das ist der Schwung, der Sie bei den Hüften packt und auf und davon trägt im Galopp einer Fülle, die sich selbst kaum mehr zu begreifen vermag. Und die Sonne geht auf und die Sonne geht unter und fällt wie ein reifer leuchtender Apfel für einen Augenblick am Horizont in das Lichterspiel des Meeres, um in ein paar Stunden erneut eine begnadete Auferstehung zu feiern. Und man wird den Verdacht nicht los, dass der liebe Gott hier wieder die Finger im Spiel hat. Er wirkt ständig. Nur manchmal sieht man ihn nicht. Dort, wo er sich unter den Trümmern der Gewalt verbirgt. Ich bin sicher, er hat Kopfweh vom Greuel der Schandtaten und ist schon infiziert. Sein Blut ist für einen Augenblick durcheinander gekommen. Wer soll da noch einen klaren Kopf bewahren. Ich werde ihm aus dem Zauber seiner Sonnenuntergänge, die ihm doch noch ganz ausgezeichnet gelingen, ein Aspirin schicken und ihn zum Kaffee einladen. Er braucht jetzt wirklich Unterstützung und einen starken Glauben. Und wenn er dann schließlich zum Kaffee kommt und wir so über dies und jenes plauschen, dann werde ich es versäumen, ihm von den Jeans und den Stöckelschuhen zu erzählen und von einem Lachen, das er aus seiner Quelle heraus ohne sich dessen recht bewusst zu sein in die Welt zelebriert hat. Wir werden ganz philosophisch von der Liebe reden bei einem Kaffee macchiato, so als wäre sie die einfachste und komplizierteste Sache der Welt zugleich. Eine Selbstverständlichkeit, über die der Erdball nicht aufhört, Vermutungen anzustellen. Und ich werde nichts tun als zuhören. Und so der Stimme Gottes lauschend, werde ich mit der Sonne im Meer versinken, bei Kaffee und sanften Wellen, und ich werde ganz und gar verwunschen und erstaunt sein über den Zauber, in dem dieses Universum die größten Widersprüche schweigend in sich vereint. Und wie der Atem eines Grashüpfers, der an meiner Scheibe klebt, hänge ich atmend am Leben und schaue im Spiegel die Welt, die Stöckelschuhe und den Sexappeal des Weltuntergangs in den zarten Fühlern von Flip an, während ich durchsichtig eine Scheibe beschnuppere und nicht hindurch gelange.