Tiefe Geister
30/12/2001
Spätestens seit Josef Hader „Privat“ wissen wir, dass Reinhold Messner der erste Mensch war, der in der Australischen Wüste einen Handstand gemacht hat und dabei Lapaloma sang. Beim Nasenbohren fiel ihm dann wenig später ein, dass er noch nie in seinem eigenen Hirn war. Und damit stand er vermutlich bis dahin nicht allein. Denn wer kann schon behaupten, sich dort, in seinen nächstgelegenen Ganglienbahnen und Synapsen, hier, im Reich der Osmosen bei den Endorphinen und Adrenalinen wirklich auszukennen. Im Zirkus unseres Schädels sind die meisten von uns nur scheinbar daheim. Und manchmal, so am Abend, wenn die Sinne zur Ruhe kommen und wir in uns hinein horchen, bemerken wir von Zeit zu Zeit, dass da doch irgendwie ein anderer spielt, der wir gar nicht sind, aber doch…ganz am Ende…irgendwie halt doch. Nur wie, das wissen wir nicht. Wir ahnen es nur. Es ist ein Geheimnis, dem wir in unseren Träumen hinterher laufen, das wir suchen und ahnen und womit wir unzertrennbar verbunden sind. Etwas so Tiefes lässt natürlich auch den Herrn und König der Berge und Yetis nicht zur Ruhe kommen und schreit nach dem Einen: Der Sache auf den Grund zu gehen. Reinhold hat sich drum auch nicht beirren lassen und kam wie gesagt beim Nasebohren darauf, dass er noch nie dort war, was ihn zum Tieferbohren anstachelte. Nach nur wenigen Sekunden war schon der ganze Unterarm verschwunden und im Sog löste er sich nun schließlich selbst auf und stieg hinauf ins eigene Hirn. Seitdem war er nicht mehr gesehn und wir erahnen ihn in der Unsichtbarkeit seiner selbst, forschend zwischen den Strängen seines Geistes, die wie Trapezseile von der Schädelplatte hinunterhängen. Nur noch ein kleines Stück Weg und Tarzan und Reinhold werden Freunde, während sie sich von Nervenbahn zu Nervenbahn schwingen. Und wir erkennen ein einmaliges Schauspiel der Superlative im Bündnis mit der Natur, angedockt am Dschungel des Geistes. Leider gibt es keine Aufnahmen von dem Schauspiel der Giganten, und wir können nur erahnen, was sich dort wirklich abspielt. Wir wissen nicht, wer im Geiste höher und weiter schwingt und außer ihnen, den Herren der Natur, ist noch niemand in solche Höhen vorgestoßen. Es wäre vielleicht angebracht, die NASA aufzufordern, eine Raumsonde in die Geister der beiden Helden zu schicken, damit wir wenigstens ein paar Bilder hätten. Doch sie sind uns Lichtjahre voraus und fliegen und hangeln und fliegen. Wer will sie einholen, dort, im Universum Ihres Geistes. Wollen wir aufgeben? Die Antwort müsste eigentlich ja lauten. Doch eine Hoffnung haben wir noch. Vielleicht erholt sich Queen Mum bald von ihrem Weihnachsschnupfen. Dann könnte sie ihnen hinterher eilen, ab durch die eigene Nasenhöhle. Und vielleicht dauert es dann auch nicht mehr lange und Reinhold gelangt ans Ziel seiner Träume – als Sir Reinhold M.